Christine Brunella

Christine Brunella

Christine Brunella nimmt uns mit in die Natur.
Anders als in der Antike, als Naturereignisse göttliches Handeln, oft genug göttliche Strafe bedeuteten, denkt sich der moderne Mensch stets selbst im Verhältnis zur Natur mit. Sein Nachfolger, der Mensch des Anthropozän, steht als Verursacher des verlorenen natürlichen Gleichgewichts und außer Kontrolle geratener Regelkreisläufe im Zentrum des Geschehens – als Opfer ist er ausgeliefert wie alle anderen Lebewesen. Christine Brunella bietet uns einen anderen Blickwinkel an: Im Erstaunen über das Phänomen, die sichtbare Erscheinung der Natur, im Zusammenleben der Pflanzen und Tiere, in der Bewunderung der Schönheit natürlicher Daseinsformen und im eigenen Echo auf diese Wahrnehmung entwickelt sich eine resonante Zugehörigkeit, Angesprochensein und Mitschwingen.

Alle ihre Arbeiten scheinen einen Verweis auf den jetzigen, offenkundig prekären Moment der Natur- und Menschheitsgeschichte zu geben, in dem wir als Nutznießer*innen technologischer Fortschritte im Verbrauch natürlicher Ressourcen die Lebensgrundlagen scheinbar unbedacht preisgeben. Ein letzter Blick auf letztlich verlorene Naturschönheiten – für uns heutige nur noch im Museum, kunstvoll präpariert in vielen Schichten künstlerischer Bearbeitung zu entdecken?

Wir dürfen uns Christine Brunella als eine Spaziergängerin vorstellen, die – der Dystopie zu entgegnen – sich die Natur, oder was für uns Heutige davon übrig ist, erläuft. Und als eine Künstlerin, die sich mit den Kräften der Natur verbindet, um der Dystopie zu widerstehen, Bildräume schafft, die den Betrachterinnen und Betrachtern eine beseelende Begegnung mit der Schönheit und der Vergänglichkeit der Natur ermöglichen. Eine Natur wird erlebbar, die den Moment der eigenen Vergänglichkeit und der selbstverursachten Bedrohtheit nicht verdrängt.

Das ganze Spiel in Schwarz und Weiß zu setzen, ist eine künstlerische Entscheidung, mit der die Künstlerin ihren Zeichnungen ein strenges Format gibt. Oder besser: ein klares Format, innerhalb dessen sie sich mit Freiheit bewegt, sich in aller Freiheit klare Regeln überlegt und kluge Materialexperimente anstellt.

Die Natur ist nicht nur Objekt, sie ist auch Subjekt der Zeichnungen, – zumindest soweit die Zeichnerin sich in ihrer Zeichnung als der Natur zugehörig bekennt, die Natur in Zugehörigkeit erlebt und dieses Erlebnis auf dem Blatt transponiert. Indem die Betrachtung wiederum sich einstimmt und einschwingt auf das Erlebnis der Natur vermittels des Zeichenblattes, kann Verbundenheit entstehen – mit der Zeichnung und ihrer Urheberin, mit dem Einssein der Zeichnerin mit der Natur – und so erlebt die Betrachter*in ihrerseits die eigene Natur und das eigene Verhältnis zur menschlichen Natur und die Verbundenheit mit den biologischen Arten rund um den Menschen herum, in aller Zerrissenheit, die wir uns im Anthropozän mit auf den Weg gegeben haben.

Christine Brunella

 

Christine Brunella ist 1968 geboren und hat früh angefangen auf eine besondere Art und Weise zu sehen. Sie sieht, was Andere nicht sehen, oder nur Wenige.

Sie ist Autodidaktin. Die Fähigkeiten, dieses (anders) Gesehene in Zeichnung umzusetzen und/oder Ihre Umgebung zu gestalten, hat sie sich selbst erarbeitet.
Über die Kalligraphie als einer Disziplin, die an der Schnittstelle zwischen Zeichnen und Zeichen angesiedelt ist, begann sie, die (Schrift)Zeichen in Zeichnung zurück zu verwandeln und ihren Ursprung in der Natur wieder aufzufinden. Die Autodidaktik als Lernweise erwies sich dabei als ideal, da sie ausschließlich dem eigenen, inneren Impuls/Impetus folgt und somit originär persönliche und direktere Ausdrucksmittel entwickelt.


So hat Brunella ihre ganz spezifische, empathische Art gefunden, Gesehenes und Empfundenes in Zeichnungen und Objekte umzusetzen. Sie zeichnet Lieder. Lieder aus dem Gesehenem, hier der Natur.

Einzelausstellungen

2021BOK Galerie Offenbach (mit Hannah Schmider/Skulptur), Offenbach
 Arp Galerie (mit Hannah Schmider/Skulptur), Hanau
 Galerie Stefanie Boos, Heidelberg

Gemeinschaftsausstellungen (Auswahl)

2021Maison d'Art, Paris
2014-21"Open Studio Days", ATELIERFRANKFURT, Frankfurt am Main
2019"im weitesten Sinne Papier", Galerie KUNST 2, Heidelberg

Dryaden

Ein einzelnes Blatt auf dem Asphalt, ein raschelnder Spaziergang im herabgefallenem Herbstlaub im Wald. Im Sommer durch einen Lichtstrahl angeleuchtete Blätter an einem Busch als würde jemand mit einer sehr grossen Taschenlampe durch das dichte Blätterdach des Waldes hindurch leuchten. Dryaden sind in der griechischen Mytholgie Baumgeister. Diese zarten Begegnungen mit der Natur inmitten unseres geschäftigen Lebens, inmitten unserer eigenen Unnatürlichkeit sind leise Hinweise auf unser aller Zusammenleben. Das einzelne Blatt symbolisiert ein sichtbares Wunderwerk an Zusammenhängen, ist in seinem Aussehen ein Kunstwerk für sich und steht als Zeichen für die unermessliche Vielfalt des Lebens auf der Erde. 

Moribund

Moribund ist eine Begriff aus dem Medizinischen und bedeutet „im Sterben liegend“. Die Natur bietet uns seit unserer Kindheit die Gewissheit einer steten Wiederholung von Abfolgen. Die Geschichte lehrt uns, dass sich das Verhältnis des Menschen zur Natur, von einer den Menschen bedrohenden zu einer beherrschbaren Natur verändert hat. Der Mensch ist der Natur nur noch bedingt ausgesetzt. Jetzt erlebt die Menschheit einen bisher nie da gewesenen Wandel der bisherigen Sicherheit. Der Klimawandel ist nicht abstrakt, wir sehen die Folgen in unserer unmittelbaren Umwelt. Die Bäume leiden unter Trockenheit und Hitze, der Wald, wie wir ihn bisher kannten, beginnt zu sterben. Meine Bilder sind Momente einer kleinen, intimem Begegnungen mit der Natur, um festzuhalten, was ist.  

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