Es ist vor allem die schwingende Leichtigkeit, die so viele Werke von Carmen Hillers bestimmt, selbst wenn die Farben stark verdichtet aufgetragen sind wie bei den Lyric Pieces.
Die Bilder schwingen nicht nur in Formen und Rhythmen der Linien, sondern auch im Farbauftrag. Es sind keine Leinwände, sondern Carmen Hillers malt auf leichtem Stoff, Voile, ein wenig lichtdurchlässig, das als Struktur unter der Farbe sichtbar bleibt: Denn die Farbe, als Eitempera aufgetragen, wird in der Fläche schwingen wie Töne der Musik.
Aus der Nähe lässt sich erkennen, dass in dieser Malerei jeder Pinselstrich nicht nur „sitzt“, sondern er schwingt im Rahmen eines zarten Liniengespinstes, das in der Regel nicht auf die Farbe gesetzt ist, sondern durch minutiöse Aussparungen ensteht, bei denen darunter liegende Farbschichten oder das reine Gewebe des Stoffes hervortreten.
THOMAS SELLO, Hamburger Kunsthalle
Carmen Hillers | |
1957 | in Hamburg geboren, lebt als freischaffende Künstlerin und Autorin in Hamburg |
seit 1989 | Ausstellungen in Galerien, Kunstvereinen, Museen und an anderen Orten |
seit 2005 | Features und musikalische Performances |
2009 | Einladung der Schubert Society of the USA zur Teilnahme am Forschungprojekt „ Picturing Winterreise – Schuberts’s Song Cycle in Art“ |
2009-2013 | Kunst/Musik- Features in der Hamburger Kunsthalle |
2015 | erschien die LP des Hamburger Komponisten Steffen Wolf, Acht Blicke auf Mondenschein – Kompositionen zu Bildern von Carmen Hillers |
Ausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl) | |
2022 | Experimente /Eksperimenter MUSEUM KUNST & DESIGN, Kolding , Dänemark |
2022 | Regionalschau Norddeutschland, DIE DROSTEI, Pinneberg |
2022 | ALLES GALERIE MORGENLAND, Hamburg |
2021 | Auktionsausstellung Forum für Künstlernachlässe HAMBURGER KUNSTHALLE |
2021 | Auktionsausstellung Forum für Künstlernachlässe KÜNSTLERHAUS SOOTBÖRN, Hamburg |
2021 | Landesschau BBK-Schleswig Holstein OSTHOLSTEIN MUSEUM, Eutin |
2021 | Eksperimente / Eksperimenter, BRUNSWIKER PAVILLON, Kiel |
2020 | to quiet the mind, Elbschlossresidenz Hamburg (E) |
2020 | Leidenschaft Kunst, Kunstforum der GEDOK, Hamburg |
2019 | Linie I Poesie, Galerie Fenna Wehlau (G) |
2019 | on the bright side, SHOWROOM Hamburger Kreativgesellschaft |
2019 | Multidimensionality, AZARRO ART SPACE Hafencity Hamburg |
2018 2018 2018 2017 | Mutter.form, BBK Hamburg (G) Kunstverein Elmshorn (G) Galerie der GEDOK, Hamburg (G) LIAISON, Galerie Fenna Wehlau, München |
2017 | SECRET CONCERTS, HIT-Technopark, Sammlung Birkel, Hamburg |
2017 | DIE WINTERREISE, GemeindeAkademie Blankenese, Hamburg |
2016 | ART Innsbruck, Galerie Fenna Wehlau |
2016 | Einzelausstellung GEDOK, Hamburg |
2015 | Acht Blicke auf Mondenschein, GemeindeAkademie Blankenese (E) |
Serie, Kunstforum der Gedok, Hamburg (G) | |
2014 | Internationale Art Exhibition CASO, Osaka, Japan (G) |
Vom Wasser, GemeindeAkamemie Blankenese (E) | |
2013 | Schloß Reinbeck |
2012 | Galerie Stella A, Berlin (G) |
Künstlerhaus einseins, Hamburg (G) | |
2010 | Kunstmaand Ameland, Niederlande (G) |
2009 | Kunstverein Lüneburg (E) |
Was ist wichtig, Kunsthaus Hamburg (G) | |
Rathaus Duderstadt (E) | |
2008 | Galerie Andreas Jacobi, Hamburg (G) |
2007 | Winterreise, Hamburger Kunsthalle, Veranstaltungsraum (E) |
Die Rückseite des Mondes, Kunsthaus Hamburg | |
Galerie Vorortost, Leipzig | |
2006 | Heine!, Ausstellungsraum, Steiner-Haus, Hamburg (E) |
2004 | Kunstverein Haren (E) |
2003 | Kunstkreis Schenefeld (E) |
2002 | Schloss Lüttgenhof, Dassow, Sammlung Stinnes |
2000 | Galerie Bodek, Hannover (E) |
1999 | Wahlverwandtschaften, Kunstverein Stade |
Ankäufe: | Sammlung Birkel, Sammlung Katharina Stinnes, private Sammlungen |
Symphonie der Farben und Formen, 2024
Luisa Gorihsen | Wie haben Sie den Kunstunterricht in Ihrer Schulzeit erlebt? Hat er Sie motiviert diese Richtung einzuschlagen? (Wieso wollten Sie Malerin werden?) |
Carmen Hillers | Guten Kunstunterricht hatte ich! Beide Lehrer mochte ich sehr gern, Malerei hat eine große Rolle im Kunstunterricht gespielt, der Umgang mit Farben überhaupt. Es waren immer Doppelstunden – großartig; Höhepunkte des Stundenplans. Wir haben auch Kurzfilme gedreht und sind rausgegangen. Es war eine sehr freizügige Atmosphäre; eigentlich die einzigen Schulstunden, in denen das Lehrer-Schüler-Verhältnis ein sehr aufgeklärtes war. |
Luisa Gorihsen | Wann haben Sie ihr erstes Bild gemalt, was auch ausgestellt wurde? Wie hieß es? Mögen Sie es noch? |
Carmen Hillers | Ich habe eigentlich ein eher unsentimentales Verhältnis zu meinen Arbeiten, egal aus welcher Zeit. Es waren mehrere Bilder aus der ersten Zeit, die ausgestellt wurden, zu einigen von ihnen habe ich heute ein ambivalentes Verhältnis. Von Zeit zu Zeit packt mich der Drang, Arbeiten, deren Qualität ich aus heutiger Sicht anzweifeln würde, über die Klinge springen zu lassen. Und so wurden schon mehrfach Bilder zerstört. Ich bin nicht sicher ob es richtiger wäre, meine künstlerische Geschichte lieber lückenlos zu dokumentieren. Eher neige ich zum „Aufräumen“ und immer wieder Infrage stellen. Das scheint mir auch logisch und hat mit Entwicklung zu tun. |
Luisa Gorihsen | Haben Sie eine/mehrere Lieblingsfarbe(n)? |
Carmen Hillers | Als Kind fand ich rot toll; als Jugendliche gelb und heute ziehen mich Blautöne sehr an. Blau ist eine so innige Farbe für mich, die geistige Freiheit bedeutet, Weite, Subtilität, viel Raum für Nuancen, Distanz, Ruhe, auch eine gewisse Form von Sicherheit und unbehelligt sein. |
Luisa Gorihsen | Wie kamen Sie zur Galerie Fenna Wehlau? |
Carmen Hillers | Ein Künstlerfreund empfahl mich an die Galerie, für die Frau Wehlau in den 1990er-Jahren arbeitete. – was für ein Glück! |
Luisa Gorihsen | Was ist Ihnen als Künstlerin bei der Zusammenarbeit mit einer Galerie wichtig? |
Carmen Hillers | Vertrauen und Respekt und eine persönliche Beziehung - und dass man miteinander lachen kann. |
Luisa Gorihsen | Ich habe gelesen, dass Sie auch als Autorin tätig sind. Welche Art von Literatur schreiben Sie und wie beeinflusst es Ihre Bilder? |
Carmen Hillers | Ich schreibe im weitesten Sinne über Musik, auch Texte und Features an den Nahtstellen von Kunst, Musik und Literatur. Meine Bilder werden durch meine Text nicht beeinflusst. Das ist ein ganz anderes Arbeiten. |
Luisa Gorihsen | Sie setzen Malerei, Sprache und Musik zusammen ein. Was verbindet diese 3 Ausdrucksformen in Ihren Augen? Was trennt sie? |
Carmen Hillers | Die Trennung ist natürlich durch die jeweiligen Ausdrucksmittel und Medien gegeben. Was sie verbindet ist das eigentlich Interessante. Das ist eine sehr gute Frage für einen Essay über mehrere Seiten. Es gibt ein sehr schönes Zitat von Philipp Otto Runge, in dem alles gesagt ist: „Die Musik ist doch immer das, was wir Harmonie und Ruhe in allen drei Künsten nennen. So muss in einer schönen Dichtung durch Worte Musik sein, wie auch Musik sein muss in einem schönen Bilde, und in einem schönen Gebäude, oder in irgendwelchen Ideen, die durch Linien ausgedrückt sind." |
Luisa Gorihsen | Sie arbeiten viel mit abstrakten Formen. Woran liegt der Reiz am Abstrakten für Sie? |
Carmen Hillers | Erstens natürlich die Lust, etwas zu sehen, das vorher noch nicht da war. Keine Nachahmung von Sichtbarem. Sich im Unbekannten zurechtzufinden. Im Vertrauen, das Richtige zu tun, immer wieder Entscheidungen treffen, die – manchmal ja, manchmal nein – mich zu einer Arbeit führen, zu der ich „ja“ sagen kann. |
Luisa Gorihsen | Was erhoffen Sie sich vom Betrachter Ihrer Werke? |
Carmen Hillers | Dass sie Freude haben daran! |
Luisa Gorihsen | Im Buch „Liaison“ haben Sie sich 12 Gedanken von Schriftstellern sehr unterschiedlicher Zeitepochen herausgesucht: Z.B. Louise Bourgeois:„Das erste, was ich für die Arbeit brauche, ist die Qualität der Stille". Ist das Ihre Herangehensweise bei Ihrem Schaffensprozess? Was bedeutet Stille für Sie? |
Carmen Hillers | Ruhe, Sammlung, Konzentration. |
Luisa Gorihsen | Denken Sie darüber nach wie eines Ihrer Werke aussehen soll oder malen Sie spontan drauf los und lassen sich von Ihren Gefühlen und/oder Musik oder Gedichten leiten? |
Carmen Hillers | Ich denke sogar sehr viel darüber nach, wenn ich mit einem Bild beginne, muss aber immer darauf gefasst sein, dass alles ganz anders kommen kann. Darauf kommt es eben an, offen zu bleiben für Verlauf und Ausgang des Arbeitsprozesses. |
Luisa Gorihsen | Bei Ihrer Lieblingsbücher-Auswahl bin ich auf ein „Wabi-Sabi“- Buch gestoßen. Was inspiriert Sie an „Wabi-Sabi“? Was bedeutet es für Sie? |
Carmen Hillers | WabiSabi – um es hier ganz kurz zu machen – bedeutet für mich eine sehr humanistische und aufmerksame Haltung. Wenig Schein – viel Sein; Ruhe, Konzentration, Demut und ein ganz, ganz weiter Blick in alle Richtungen gleichzeitig. |
Luisa Gorihsen | In einem Gespräch mit Fenna Wehlau sagten Sie einmal, dass Sie gerne abbilden, was man nicht sehen kann und nicht weiß. Auch in Ihrer Lieblingsbuch-Auswahl wollen sich die Hauptpersonen meist in etwas Neues stürzen oder entdecken Neues. Streben Sie in Ihrem Leben nach Ungewissem und wollen Sie dies bewusst in Ihren Werken darstellen? |
Carmen Hillers | Nach Ungewissem streben - könnte ich jetzt nicht unbedingt behaupten, dass es meine Lebensmaxime wäre. Eher, sich nicht allzu sehr festzulegen (da, wo es nicht notwendig ist), offen zu bleiben, zum eigenen Wesen zu stehen und sich nicht unreflektiert anzupassen. Eine gewisse Bereitschaft zur Renitenz und Radikalität muss man als Künstler sowieso mitbringen, wenn man es mit der Kunst ernst meint. |
Luisa Gorihsen | Die Gedichte und die Musik zur Ausstellung „Liaison“ in Kombination mit Ihren Werken lassen mich Ruhe finden. Ist das Ihre Absicht? |
Carmen Hillers | Jaaaaaaaa!! |
Luisa Gorihsen | Was mögen Sie an den Gedichten von Heinrich Heine? |
Carmen Hillers | Sie sind witzig, klug, erfrischen, tieftraurig, kritisch, manchmal böse (da, wo es hingehört), gespeist von einem unkorrumpierbaren Geist. |
Luisa Gorihsen | Was würden Sie jungen Menschen in Bezug auf Kunst mit auf den Weg geben? |
Carmen Hillers | Soviel Kunst wie möglich anschauen und erleben – dabei aber bitte den Markt nicht zu ernst nehmen – eher: sich ein eigenes Urteil bilden. Mit Kunst leben auf alle Fälle. |
Luisa Gorihsen | Vielen Dank für das Gespräch |